Erstellung von Alternativtexten
Allgemein
Alternativtexte sind textliche Alternativen zu bildlichen Inhalten, die mit Screenreadern oder Braillezeilen ausgegeben werden können (Schütt 2019). Sie gewährleisten, dass Menschen mit Sehbeeinträchtigungen/Blindheit die Informationen erhalten, die zum Verständnis des Bildes notwendig sind. Die Beschreibung eines bildlichen Inhalts sollte möglichst objektiv vorgenommen werden, subjektive Einflüsse und Relevanzsetzungen können jedoch nie ganz vermieden werden (ebd.). Vor der Erstellung eines Alternativtextes muss entschieden werden, ob ein grafischer Inhalt rein dekorativ ist oder eine inhaltstragende Bedeutung hat. Bei einem rein dekorativen Bild reicht es aus, dieses entsprechend zu kennzeichnen. Diese werden dann nicht vom Screenreader ausgelesen. Bei dekorativen Bildern, also Bildern, die keine inhaltstragende Bedeutung haben (z.B. Zierstriche in einer PowerPoint, farbige Akzente o. Ä.), müssen dann keine Alternativtexte erstellt werden. Die Länge der Beschreibung von inhaltstragenden grafischen Elementen hängt vom Kontext des Bildes ab.
- Vermeiden Sie einleitende Worte wie „Das Bild zeigt…“ oder „Zu sehen ist…“.
- Bei der Beschreibung sollten aktive Verben im Präsens und die Regeln der Grammatik und Interpunktion verwendet werden (Schütt 2019).
- Beschreiben Sie nur, was zu sehen ist; Interpretationen oder Analysen sind prinzipiell zu unterlassen. Unbequeme oder kontroverse Inhalte dürfen nicht vorenthalten werden.
- Was und wie detailliert beschrieben wird, hängt stark vom Kontext ab, in den der Bildinhalt eingebettet ist. Ist er für das Verständnis eines Textes, einer Aufgabe, eines Vortrags o. Ä. relevant bzw. dient er als Grundlage für einen Arbeitsauftrag, so sollte eine ausführlichere Beschreibung erfolgen. Andersherum verhält es sich, wenn das Bild/ die Grafik kaum Aussagekraft hat.
- Gehen Sie bei der Beschreibung „vom Allgemeinen zum Speziellen“ vor. Beschreiben Sie zunächst in Form einer groben Übersicht und gehen Sie immer mehr ins Detail.
- Idealerweise gliedern Sie den Alternativtext gleichzeitig in Abschnitte. So können Nutzer*innen selbst entscheiden, wie detailliert sie einen Inhalt beschrieben bekommen möchten.
- So wenig Text wie möglich, so viel Infos wie nötig. Es müssen nicht unbedingt ganze Sätze sein.
- Vermeiden Sie es, bereits im Umgebungstext oder Ihrer Präsentation erklärte Konzepte oder Begriffe im Alternativtext erneut zu erklären und verweisen Sie stattdessen auf entsprechende Stellen.
- Passen Sie die Wortwahl des Alternativtextes Ihrer Zielgruppe an.
- Greifen Sie Formulierungen und Stil des Umgebungstextes auf.
- Verzichten Sie auf Abkürzungen und Symbole im Alternativtext. Das erleichtert das Auslesen via Screenreader.
- Mithilfe von Interpunktion (Punkte, Kommata) kann die Lesegeschwindigkeit und -flüssigkeit des Screenreaders unterstützt werden.
- Nehmen Sie den Text im Bild mit in Ihren Alternativtext auf und setzen Sie ihn in Anführungszeichen.
(Schütt 2019, NCAM und Diagram Center, 2015).
Folgende Informationen sollten in einem Alternativtext enthalten sein:
- Typ (Foto, Diagramm, Tabelle, Mindmap, Gemälde…)
- Struktur/ Format/ Layout und Leserichtung
- Daten der Abbildung, Achsenbeschriftungen, klar erkennbare Punkte, etc.
- Funktion des bildlichen Inhalts
- Notwendige Details
- Farben, wenn sie bedeutungstragend sind – z.B. in Diagrammen.
(Schütt 2019, S. 552)
Überlegen Sie, wie sinnvoll die Beschreibung eines Bildinhalts als Fließtext tatsächlich ist. Unter Umständen bieten sich andere Formen an, z. B. die Aufbereitung als Tabelle oder Stichpunktliste.
Bedenken Sie bei der Beschreibung folgende Fragen:
- Was ist konkreter Sinn und Zweck des Bildes?
- Ist das Bild/ die Grafik Teil einer Aufgabenstellung, z. B. der Auswertung eines Graphen?
- Wozu genau sollen Studierende/ Schüler*innen das Bild/ die Grafik nutzen?
Von den Antworten auf diese Fragen hängt ab, welche Informationen in einen Alternativtext integriert oder eben ausgeschlossen werden sollten.
Die Leitfragen bieten Ansatzpunkte für didaktische Entscheidungen, die in die Gestaltung eines Alternativtextes einfließen müssen:
- Welche Informationen werden (nicht) für die Bearbeitung des Inhalts benötigt?
- Welche Informationen würden eine ggf. geforderte eigenständige Analyse vorwegnehmen?
Die Erstellung von Alternativtexten für Lehrkontexte ist damit immer auch eine didaktische Entscheidung.
(Haage, 2023; Fibich, Onken & Axnick, 2019; NCAM & Diagram Center, 2015; Schütt, 2019)
Anne Haage hat vier Faustregeln für die Erstellung von Alternativtexten in Bildungskontexten aufgestellt. Diese fassen unsere vorherigen Ausführungen gut zusammen.
1. Allgemeine Perspektive:
In einem ersten Satz knapp die Informationen geben, die gebraucht werden, um einen ersten Eindruck von der Abbildung zu bekommen bzw. die Abbildung einordnen zu können. Der Abbildungstyp (Foto, Graphik, Diagramm etc.) wird benannt.
2. Fachliche Perspektive:
Im Weiteren eine kurze, aber präzise Beschreibung der Abbildung geben und dabei einen Fokus auf die Details legen, die zum Verständnis des Lerngegenstandes benötigt werden. Fachtermini verwenden. Aus der Abbildung übernommene Begriffe in Anführungszeichen setzen.
3. (Hochschul-)Didaktische Perspektive:
Prüfen, ob die Beschreibung alle wichtigen Informationen für den Lernprozess bzw. die Lösung der Aufgabe enthält, jedoch nicht den Lernprozess selbst vorwegnimmt.
4. Abbildungskontext:
Den Kontext beachten, in dem die Abbildung steht. Die Informationen aus begleitendem Text und/oder der Bildunterschrift können vorausgesetzt werden. Entscheiden, ob die Beschreibung so komplex ist, dass sie nicht als Alt-Text, sondern besser in einem verlinkten Dokument zur Verfügung gestellt werden sollte.
(Haage, 2023)
Natürlich können Sie auch Chat GPT oder andere Systeme verwenden, um sich bei der Erstellung von Alternativtexten unterstützen zu lassen. Achten Sie hierbei unbedingt auf die Datenschutzbedingungen, wenn Sie Bilder hochladen (zum Beispiel, wenn Personen zu sehen sind). Die von den Systemen vorgeschlagenen Texte sollten Sie immer überprüfen und gegebenenfalls weiter bearbeiten. Sie sind also eher als Ausgangspunkt zu verstehen. Hilfreiche Inhalte der Prompts können sein:
- Angabe über relevante Informationen, die die Alternativtexte enthalten sollten (erster Überblick, Kontext des Bildes, keine Interpretation, Statistiken mit oder ohne Zahlen)
- Prompt z. B. beginnen mit "Beschreibe Abbildung zu xy..." oder "Erstelle einen beschreibenden Alternativtext zu ...", "Verzichte auf Interpretationen."
- Der Text kann im Dialog weiter optimiert werden.
- ...
Ausführliche Informationen zu der Erstellung von Alternativtexten zu verschiedensten grafischen Elemente:
- Fibich, Anja; Onken, Frauke; Axnick, Christian (2019). Gut fürs Image! Praxisleitfaden zur Erstellung textbasierter Alternativen für Grafiken
- NCAM und Diagram Center (2015). Image Description Guidelines
- Haage, Anne (2023). Was soll mir dieses Bild sagen? Alternativtexte in Bildungskontexten. Kompetenzzentrum digitale Barrierefreiheit.nrw. Lizenz: CC BY SA
- Leitfaden zur Erstellung von Alternativtexten im Bildungskontext (2023). Kathrin Schilbach, Anne Haage (Kompetenzzentrum digitale Barrierefreiheit.nrw, Technische
Universität Dortmund), CC BY 4.0. Ausgenommen von der Lizenz sind die verwendeten Logos.
- Haage, Anne (2023): Was soll mir dieses Bild sagen? Alternativtexte in Bildungskontexten. Kompetenzzentrum digitale Barrierefreiheit.nrw. Lizenz: CC BY SA. https://barrierefreiheit.dh.nrw/fileadmin/user_upload/barrierefreiheit/images/Workshop_Schulung/160523_Einfuehrung_Alt_Texte.pptx
- NCAM; DIAGRAM Center (2015): Image Description Guidelines. Online verfügbar unter diagramcenter.org/table-of-contents-2.html, zuletzt geprüft am 10.10.2019.
- Schütt, Marie-Luise (2019): Alternativtexte als wesentliches Gestaltungselement zugänglicher (barrierefreier) Bildungsprozesse. In: Christiane Maaß und Isabel Rink (Hg.): Handbuch Barrierefreie Kommunikation. Berlin: Frank & Timme Verlag für wissenschaftliche Literatur (Kommunikation - Partizipation - Inklusion, Band 3), S. 545–564.
Lizenziert unter
Zitiervorschlag:
ALT-bewährt (2024). Erstellung von Alternativtexten. https://alternativtexte.tu-dortmund.de/informationen-und-anleitungen-1/erstellung-von-alt-texten/ (Zugriff: dd/mm/yyyy). CC BY-SA 4.0.
Ausgenommen von der Lizenz sind die verwendeten Logos und die Bedienoberflächen.