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Digitale Barrierefreiheit und rechtliche Hintergründe

Hintergrund

Im digitalen (Hochschul-)Raum treffen Personen mit Behinderungen auf die unterschiedlichsten Herausforderungen, denn ihre beeinträchtigungsspezifischen Bedarfe werden dort oft nicht in angemessener Weise berücksichtigt. Sie werden folglich immer dann benachteiligt, wenn ihnen der Zugriff auf barrierefreie Kommunikationsangebote verwehrt wird.

Ziel digitaler Barrierefreiheit

Alle Menschen sollen, unabhängig von ihren individuellen Voraussetzungen, Informationen und Bedienoberflächen eigenständig auffinden, wahrnehmen und bedienen können. Die Gesetzgebung sieht vor, dass Hochschulen als Träger öffentlicher Belange ihre Inhalte in zugänglicher Weise zur Verfügung stellen müssen.

 

Barrierefreiheit bei Sehbeeinträchtigung und Blindheit

„Aus der Perspektive der Barrierefreien Kommunikation bedeutet eine Sehschädigung, dass die über den visuellen Sinneskanal gewonnenen und über andere Sinneskanäle ergänzten Reize nicht ausreichen, um eine Rekonstruktion der Wirklichkeit mit allen handlungsrelevanten visuellen Informationen herzustellen“ (Capovilla 2019, S. 565). Die daraus resultierenden Beeinträchtigungen gestalten sich vielfältig, sind weitreichend und verlangen nach Kompensation (ebd.). Dabei sind Assistive Technologien (z. B. Screenreader) von zentraler Bedeutung (ebd.). Sie können die Qualität der wahrzunehmenden Reize verbessern oder durch andere, informationsgleiche Reizmuster ersetzen und ermöglichen Menschen mit einer Beeinträchtigung des Sehens somit den Zugang zu zahlreichen Informationen – und damit auch zum selbstbestimmten Erkenntnisgewinn (ebd.).

 

Rechtslage

Durch die Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) 2009, in der die Teilhabe aller Menschen im Bildungssystem in Art. 24. postuliert wird, stehen Hochschulen, als Teil des Bildungssystems (tertiärer Bildungsbereich) in der Verantwortung Teilhabe für eine heterogene Studierendenschaft zu ermöglichen (Dannenbeck et al. 2016). Noch im Jahr der Ratifizierung der UN-BRK hat die Hochschulrektorenkonferenz die Empfehlung für eine „Hochschule für Alle“ herausgegeben (Hochschulrektorenkonferenz 2009). Diese Empfehlung findet sich ebenfalls im Hochschulrahmengesetz wieder, das besagt, dass Hochschulen dafür Sorge tragen müssen, „dass behinderte Studierende in ihrem Studium nicht benachteiligt werden und die Angebote der Hochschule möglichst ohne fremde Hilfe in Anspruch nehmen können“ (HRG § 2 Abs. 4). Dies beinhaltet auch die digitale Barrierefreiheit. Hochschulen sind seit dem Inkrafttreten der EU-Richtlinie 2016/2102 und der entsprechenden Umsetzung in Landesrecht (BITV) in NRW (aber auch in den anderen Bundesländern) als Träger öffentlicher Belange verpflichtet, Angebote der Informationstechnik barrierefrei zu gestalten (z.B. Landesregierung NRW 16.12.2003; Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW (MAGS NRW) 24.06.2004).

In Deutschland sind die Normen und Standards der digitalen Barrierefreiheit durch die BITV 2.0 (Barrierefreie Informationstechnikverordnung) und die entsprechenden Landesverordnungen geregelt (BMAS 2011). Die BITV ist die Umsetzung der EU-Richtlinie 2016/2102. Grundlage der EU-Richtlinie sind wiederrum die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG 2.1). Die WCAG stellen Richtlinien, Standards und Techniken zur Verfügung, um Webinhalte für Nutzende verschiedener Beeinträchtigungen barrierefrei zu gestalten. Barrierefreiheit, wie sie in der WCAG beschrieben ist, berücksichtigt vier Dimensionen:

  • Wahrnehmen (Sehen, Hören, Tasten),
  • Bedienen (Bewegen und Kraft),
  • Verstehen (Inhalte und Komplexität der Bedienung),
  • Technische Nutzbarkeit (Robustheit) (Haage und Bühler 2019).

Alternativtexte sind der Dimension „Wahrnehmen“ zuzuordnen. Dort besagt die Richtlinie 1.1 Textalternativen: Stellen Sie Textalternativen für alle Nicht-Text-Inhalte zur Verfügung, so dass diese in andere vom Benutzer benötigte Formen geändert werden können, wie zum Beispiel Großschrift, Braille, Sprache, Symbole oder einfachere Sprache (W3C 2018).

 

Literatur

  • BMAS (2011): Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz. Barrierefreie-lnformationstechnik-Verordnung BITV 2.0,. Online verfügbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/bitv_2_0/BITV_2.0.pdf, zuletzt geprüft am 24.07.2023.
  • Capovilla, Dino (2020): Technologiegestützte Kommunikation bei Beeinträchtigung des Sehens. In: Maaß, Christiane/Rink, Isabel (Hg.): Handbuch Barrierefreie Kommunikation. Berlin: Verlag Frank & Timme, S. 565–582.
  • Dannenbeck, Clemens; Dorrance, Carmen; Moldenhauer, Anna; Oehme, Andreas; Platte, Andrea (2016): Inklusionssensible Hochschule. Zur Einführung in diesen Band. In: Clemens Dannenbeck, Carmen Dorrance, Anna Moldenhauer, Andreas Oehme und Andrea Platte (Hg.): Inklusionssensible Hochschule. Grundlagen, Ansätze und Konzepte für Hochschuldidaktik und Organisationsentwicklung. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt, S. 9–21.
  • Haage, Anne; Bühler, Christian (2019): Barrierefreiheit. In: Ingo Bosse, Jan-René Schluchter und Isabel Zorn (Hg.): Handbuch Inklusion und Medienbildung. 1. Auflage. Weinheim, Basel: Beltz Juventa, S. 207–215.
  • Hochschulrektorenkonferenz (Hg.) (2009): "Eine Hochschule für Alle" Empfehlungen der 6. Mitgliederversammlung am 21.4.2009 zum Studium mit Behinderung/chronischer Krankheit. Online verfügbar unter www.hrk.de/fileadmin/redaktion/hrk/02-Dokumente/02-01-Beschluesse/Entschliessung_HS_Alle.pdf, zuletzt geprüft am 24.07.2023.
  • Landesregierung NRW (16.12.2003): Gesetz des Landes Nordrhein-Westfalen zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung Nordrhein-Westfalen. BGG NRW. Online verfügbar unter https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?sg=0&menu=1&bes_id=5216&aufgehoben=N&anw_nr=2, zuletzt geprüft am 24.07.2023.
  • Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW (MAGS NRW) (24.06.2004): Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz Nordrhein-Westfalen (BITV NRW). Online verfügbar unter https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_detail_text?anw_nr=6&vd_id=17834&ver=8&val=17834&sg=0&menu=1&vd_back=N, zuletzt geprüft am 24.07.2023.
  • W3C (2018): Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1. W3C Recommendation 05 June 2018. Online verfügbar unter https://www.w3.org/TR/2018/REC-WCAG21-20180605/, zuletzt geprüft am 24.07.2023.

 

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Zitiervorschlag:

ALT-bewährt (2024). Digitale Barrierefreiheit und rechtliche Hintergründe. https://alternativtexte.tu-dortmund.de/informationen-und-anleitungen-1/digitale-barrierefreiheit-und-rechtliche-hintergruende/ (Zugriff: dd/mm/yyyy). CC BY-SA 4.0.

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